Für bauwerksaerodynamische Untersuchungen wurden bis in die Mitte der sechziger Jahre des 20sten Jahrhunderts aeronautische Windkanäle mit glatter, gleichförmiger Strömung benutzt. Die Mehrzahl der aerodynamischen Beiwerte der Normen stammt aus derartigen Experimenten. Der natürliche ist Wind in der Nähe der Erdoberfläche jedoch eine Grenzschichtströmung, d.h. die Geschwindigkeit nimmt mit wachsendem Abstand vom Boden zu (Grenzschichtprofil); gleichzeitig ist die Strömung hochturbulent.
In einem Grenzschichtwindkanal soll die atmosphärische Bodengrenzschicht, soweit es für ein bestimmtes Untersuchungsziel erforderlich ist, maßstäblich simuliert werden.
Die atmosphärischen Bodengrenzschicht erstreckt sich bis in eine Höhe von etwa 1000m über Grund. Sie besteht aus mehreren Schichten: unmittelbar am Boden gibt es eine laminare Unterschicht, die nur wenige Millimeter dick ist. Darüber liegt die turbulente Bodenschicht oder Prandtl Schicht, in der die Strömungseigenschaften durch den Impulsaustausch zwischen benachbarten, unterschiedlich schnellen Stromfäden bestimmt sind. Es folgt die Oberschicht oder Ekman Schicht, in der Corioliskräfte zusätzlich zum Impulsaustausch mit wachsender Höhe immer stärker die Strömung bestimmen.
Für niedrige Bauwerke würden sich dabei allerdings zu kleine Modelle ergeben. In solchen Fällen genügt es, die Bodenschicht zu simulieren oder sogar nur einen Teil davon, der etwa doppelt so hoch wie das Bauwerk, das zu untersuchen ist, sein sollte.
Die Dicke der Grenzschicht über der rauen Oberfläche des Windkanalbodens wächst in Strömungsrichtung mit wachsender Lauflänge langsam an. Ihr Wachstum hängt dabei von Größe und Verteilung der Bodenrauhigkeiten ab. Die Lauflänge, die bei gleichförmig verteilter Rauhigkeit benötigt wird, um eine Grenzschichtdicke d zu erzeugen, ist lang, etwa 30 d. Neben der Grenzschichtdicke muss auch die Form des Profils an die Naturvorgabe, die simuliert werden soll, angepasst werden. Dieses erreicht man, indem man Höhe, Abstand und Form der Rauhigkeitselemente optimiert.
Verschiedene Methoden sind in Gebrauch, um bei gegebener, kurzer Lauflänge eine möglichst dicke, die Höhe des Windkanals weitgehend ausfüllende Grenzschicht zu erzeugen. Sie verwenden Turbulenzgitter oder -generatoren am Beginn der Anlaufstrecke, mit denen das Strömungsprofil und die Turbulenz im niederfrequenten Bereich des Spektrums eingestellt werden. Eine Stolperleiste am Boden quer zur Windrichtung aufgestellt vergrößert die Längskomponente der bodennahen Turbulenz und gleichzeitig ihre Integrallänge. Durch gleichmäßige Bodenrauhigkeit entlang der Anlaufstrecke erreicht man schließlich den Turbulenzgrad der natürlichen Windströmung.
Ebenso wie die Nachbildung des natürlichen Windprofils muss die Struktur der Turbulenz im Windkanal - je nach Aufgabenstellung der Untersuchung mehr oder weniger vollständig - der Turbulenz des natürlichen Windes entsprechen. Sie bestimmt in der Regel den geometrischen Maßstab.